Da Halle ab 1680 zu Brandenburg-Preußen gehörte, kam es bald zu Unstimmigkeiten mit dem benachbarten Kursachsen. Der bis dahin problemlose Salzhandel mit Sachsen, Böhmen und Schlesien geriet nun zwischen die Fronten territorialstaatlicher Konflikte. Darüber hinaus verkaufte Sachsen wegen der vermehrten Nutzung billiger Steinkohle weniger Holz nach Halle, was sich wiederum auf den Absatz der Pfännerschaft auswirkte. Zudem verteuerten hohe Zollgebühren und Verbrauchssteuern sowie die aufwendige Produktion mit vielen Arbeitskräften deren Salz. Sachsens eigene Salinen, die im Laufe des 18. Jahrhunderts entstanden, machten den Import aus Halle schließlich überflüssig.
Um 1700 veränderte sich der gewohnte Salzhandel für die Thalsaline: neue Salinen traten auf den Plan, alte Absatzmärkte brachen weg und alternative Transportwege etablierten sich. Der Ausbau von Saale und Elbe brachte die Schifffahrt in Schwung und machte den überregionalen Warenverkehr billiger und sicherer. Profitieren konnten davon vor allem die Salzwerke des Landesherrn und ihre Pächter. Die Pfännerschaft aber blieb von dieser Konjunktur ausgeschlossen, ihr teuer produziertes Salz fand kaum noch Abnehmer.
Rauchschwaden über Halle
Holz für Halle, Salz für Sachsen
Lange Zeit kam hauptsächlich Holz als Brennmaterial auf der Thalsaline zum Einsatz. Da es um Halle herum nicht genügend Holz gab, musste es anderswo gekauft werden. Dazu wurde im späten 16. Jahrhundert ein Vertrag mit Kursachsen geschlossen. Dieser war bis zum 18. Jahrhundert die Grundlage des halleschen Salzhandels: Kursachsen lieferte Brennholz und bekam – da es noch keine eigenen Salinen besaß – im Gegenzug Salz von der Pfännerschaft. Bezahlt wurde jeweils in bar.
Das Holz wurde auf Elster und Saale nach Halle geflößt und dort an die Pfännerschaft, die Stadt und den Landesherrn verkauft, wobei die Qualität den Preis bestimmte. Auf dem Holzplatz westlich der Saale lagerte das Brennholz für die Saline, rund um die Uhr gut bewacht.
Bei Wind und Wetter
Um die Qualität des Salzes auch beim Transport zu erhalten, durfte es keinesfalls feucht werden. Nach dem Sieden trocknete es in den Weidenkörben zu festen Salzkegeln, die für den Transport zerkleinert und wettergeschützt verpackt werden mussten. Zu Land wurde es auf kleinen Karren, mehrspännigen Wagen und im Winter sogar auf Schlitten transportiert. Ging die Reise zu Schiff, lagerte das Salz gut gestopft in Tonnen und Fässern, die es vor der Witterung schützten. Zur Kontrolle des Warenverkehrs dienten Stempel oder Brandzeichen.
Salzgäste unterwegs
Salzgäste nannte man in Halle jene Fuhrleute und Händler, die zur Thalsaline kamen, um das Salz abzuholen. Bevor ihre Wagen mit Salzstücken beladen wurden, verkauften sie ihre mitgebrachte Handelsware: Butter, Eier und Käse aus Kursachsen, Getreide aus Böhmen, Eisen und Leinwand aus der Lausitz und Schlesien.
Die Salzstücke mussten regelmäßig überprüft werden, um das Vertrauen der Salzgäste zu erhalten – nicht nach Gewicht, sondern nach dem richtigen Maß, das durch die genormten Körbe vorgegeben war. Betrug hätte sich unter den Händlern schnell herumgesprochen und den weiteren Absatz gefährdet.
Auf alten Salzstraßen
Fachmännisch verpackt folgten die Karren und Wagen der Salzgäste den alten Salzstraßen, zum Beispiel über Sachsen nach Böhmen, dem einst wichtigsten Absatzmarkt für hallesches Salz. Unterwegs machten sie Station an den sächsischen Niederlagen Leipzig, Dresden und Bautzen sowie Chemnitz, Plauen und Zwickau. Dort wurde das Salz aufbewahrt und an die Bevölkerung ausgegeben. Hallesches Salz gelangte aber auch nach Franken, Nürnberg und Regensburg.
Wer im politisch zersplitterten Deutschland der Frühen Neuzeit sein Geld mit dem Transport und Verkauf von Waren verdienen wollte, brauchte gute Nerven. Beschränkungen, Blockaden, Privilegien und Abgaben machten den Handel aufwändig. Es gab Straßenzwang, Monopole, Stapelrechte, Zölle, Geleit, Schleusengelder und Schreibgebühren, die berücksichtigt oder gezahlt werden mussten. Auch drohten Beschlagnahmungen und Wegelagerer.
Der Salztransport zu Land war um 1700 schwierig. Die holprigen Wege und Straßen im Herzogtum Magdeburg kosteten Zeit und zehrten an Mensch, Tier und Material. Um Händlern und Reisenden wenigstens die Orientierung zu erleichtern, ließ der preußische König Friedrich I. zu Beginn des 18. Jahrhunderts besondere Wegweiser an den Landstraßen aufstellen. Diese hölzernen »Armzeichen« gaben Richtung und Entfernung der ausgewiesenen Orte an.
Die Saale als Transportweg
Im 16. Jahrhundert ließen die magdeburgischen Erzbischöfe die Saale regulieren und mit hölzernen Schleusen ausrüsten. Bis zum Dreißigjährigen Krieg nutzte man sie für den Warentransport, dann kam die Saaleschifffahrt fast zum Erliegen. Wiederbelebungsversuche nach dem Krieg waren zunächst erfolglos. 1693 schließlich ordnete Brandenburgs Kurfürst Friedrich III. die Sanierung der Flussbauten an. Dazu gehörten auch sechs neue Schleusen aus Stein, unter anderem in Gimritz, Trotha und Wettin.
Als Friedrich III. 1694 anlässlich der Einweihungsfeier der Universität in Halle weilte, ließ er es sich nicht nehmen, am Vormittag des 3. Juli persönlich den Grundstein zur Schleuse Trotha zu legen. Mit dem Neubau der Bernburger Schleuse drei Jahre später besaß die untere Saale ab 1697 schließlich jene sieben Stau- und Schleusenstufen, die sie auch heute noch hat.
Der Ausbau von Saale, Elbe, Havel und Spree machte den Salzversand in die Kernprovinzen Brandenburg-Preußens billiger und sicherer. Darum transportierte man das staatlich produzierte Salz, aber auch das benötigte Brenn- und Baumaterial bald nicht mehr mit eigenen Fuhrwerken, sondern mit Saale- und Elbkähnen auf dem Wasser. Das brachte den Handel mit Salz, Steinkohle und Holz um 1700 in Schwung. Mit der Einrichtung von Zwischenlagern – sogenannten Niederlagen – konnte die Saale nun dauerhaft als profitabler Verkehrsweg genutzt werden.
Mit Salz beladene Saalekähne konnten von Halle aus Richtung Elbe bequem mit dem Strom segeln. In der Gegenrichtung mussten sie hingegen von Menschenkraft auf sogenannten Leinpfaden mithilfe eines starken Taus getreidelt, also gezogen werden. Diese Kähne hatten meist Steinkohle für die Saline aus den nordwestlich von Halle gelegenen Bergwerken bei Wettin und Löbejün geladen.
Um Salz, Brennstoff und Verpackungsmaterial schnell und günstig zwischen Saline und Saale befördern zu können, war ein leicht zu erreichender Umschlagplatz nötig. Hierfür wurden zwischen 1700 und 1709 Kohleschuppen und vier Salzmagazine errichtet – die ersten Gebäude der späteren Königlichen Saline vor dem Klaustor, die 1721 in Betrieb ging.
Die deutlich ertragreichere Salzproduktion der staatlichen Salinen – mit garantierter Abnahme und gut geschützt durch ein Handelsmonopol – verdrängte allmählich die Pfännerschaften in Halle und anderswo vom Binnenmarkt Brandenburg-Preußens. Sie waren fortan darauf angewiesen, ihr teures und kaum noch konkurrenzfähiges Salz im Ausland zu verkaufen.
Frei-Salz für das Waisenhaus
Auf Geheiß des preußischen Königs erhielt das Waisenhaus ab 1709 jedes Jahr kostenlos eine halbe Last Salz – knapp 800 kg – aus königlicher Produktion. 1727 wurde die Menge auf 50 Scheffel erhöht und 1868 bestätigt. Noch bis 1940 bezogen die Franckeschen Stiftungen auf dieser Grundlage jährlich umgerechnet rund 1.300 kg Frei-Salz.